Einleitung

Erst ein Test zeigt, ob sich ein Testobjekt unter realistischen Konditionen tatsächlich wie erwartet verhält. Daher war für uns frühzeitig klar, dass unser CXB Routenplaner vor Veröffentlichung eine Reihe von Praxistests bestehen muss. Neben der Routenplanung für unsere regelmäßigen Ausfahrten in Berlin und Brandenburg haben wir ihn dabei insbesondere auf den Langstrecken-Touren Berlin-Dresden, Dresden-Berlin und Hamburg-Berlin getestet. Letztere möchten wir Euch in diesem Beitrag gerne exemplarisch in allen Schritten von der Planung am Computer, über die Vorbereitung bis zur Umsetzung vorstellen.

Nachdem Max, Albrecht und ich das Holy Gravel Event erfolgreich beendet hatten stand für uns (eigentlich schon vor Beginn des Events) fest, dass wir den Rückweg nach Berlin mit dem Fahrrad antreten würden.

Wir hatten alle schon Erfahrung mit den normalen Rennrad- und Tourenrouten, die von Hamburg bis Wittenberge der Elbe folgen, also haben wir uns diesmal mit Hilfe des CXB Routenplaners eine „Gravel“ Alternative zurechtgelegt. Wie das geht, wird hier im Folgenden kurz beschrieben. Anschließend gibt es einen Bericht mit ein paar Eindrücken von der eigentlichen Tour.

Erstellung des Tracks

Schritt 1: Start und Ziel angeben

Ich legte erst einmal zwei Wegpunkte fest: Start in Hamburg am Entenwerder und Ende vor meiner Haustür in Berlin. So weit, so gut.

Hierbei fand ich es erstmal sehr ansprechend, dass der Track aus Hamburg heraus eben nicht den bekannten Wegen entlang der Elbe folgte, sondern erstmal einen Umweg nach Süden in Richtung Lüneburg vorsah. Mal etwas Neues!


Schritt 2: Anpassungen vornehmen

Dann schaute ich, dass circa alle 60 km ein Versorgungsstopp vorhanden war und baute Wegpunkte für Supermärkte in Lüneburg, Dannenberg, Wittenberge, Havelberg und Friesack ein. Diese lassen sich auch auf OpenStreetMap mit der Suchfunktion bestens finden. Daraufhin musste ich die Route an einigen Stellen wieder etwas korrigieren, um auf den ursprünglichen Gravel-Wegen zu bleiben, z.b. Bei Lüneburg:

Dazu muss man im wahrsten Sinne des Wortes einfach den Track ziehen: per Drag-and-Drop mit der Maus greifen und an die gewünschte Position loslassen. Damit wird (an der „Ablageposition“) ein weiterer Wegpunkt erstellt .

Zum Zeitpunkt des Planens wusste ich noch nicht, was uns für eine Hitzeschlacht bevorstehen würde und auch nicht, dass wir den Track in zwei Tagen einigermaßen zügig fahren würden. Sonst hätte ich das Versorgungsnetz womöglich noch enger gelegt (vermutlich alle 40km). So mussten wir stattdessen untewegs improvisieren und unsere Smartphones bemühen.

Bei der Planung der Versorgung helfen die kleinen Zahlen auf der errechneten Route. Je weiter man reinzoomt, desto engmaschiger werden sie. Im zweiten Bild oben sieht man z.B. die Kilometermarker für 60 und 70. Dabei sollte man eventuelle Anfahrten zu den Startpunkten von Tracks im Auge behalten. Hierbei spreche ich aus Erfahrung: Manchmal hat man ja schon eine Stunde Anfahrt durch die Stadt, ehe man am Startpunkt steht.

Man kann im Übrigen bei der Routenplanung im CXB Routenplaner auch abseits des Tracks so genannte points of interest (Punkte von Interesse, POI) anlegen. Wenn das eigene Navigationssystem diese unterstützt (z.B. verschiedene Garmin oder Hammerhead Modelle, Wahoo leider nicht) sieht man sie dann in der Nähe des Tracks auf dem Bildschirm aufpoppen. Zum Anlegen eines solchen Punktes drückt man im Routenplaner die „P“ Taste, oder in der linken Navigationsleiste auf das entsprechende Symbol für POI, und wählt dann den Punkt aus und gibt ihm einen Namen.

Damit ist es dann unterwegs einem selbst überlassen, ob man den Umweg zum POI in Kauf nimmt. Viele Geräte mit POI Unterstützung haben dann auch die Möglichkeit, die Punkte anzuwählen und eine Route dorthin zu erstellen.

Das einzig verbleibende Dorn im Auge war nun die geplante Fähre bei Havelberg (Werben). Wir wussten nicht um welche Uhrzeit wir dort ankommen und generell sind solche Überfahrten ja immer externe Einflüsse, die man womöglich lieber eliminiert, wenn man flexibel sein möchte.


3. Schritt: Anpassung der Attribute (Alternativ)

Daher habe ich kurzerhand im Routing Profil den Cost Faktor für Fähren erhöht. Diese Profile sind im Grunde nur Stücke von einer Art Programmcode, die der Routing-Engine mitteilen, wie genau welche Attribute (zum Bsp.: Fähren) zu gewichten sind. Die errechnete Route mit dem geringsten „Gewicht“ gewinnt am Ende.

Das Profil kann man einfach betrachten: Am rechten Menü auf den Schraubenschlüssel und dann auf „Profile“ klicken. Dann wird man erstmal von sehr viel Code erschlagen. Das meiste wird man jedoch nie anfassen müssen.

Nun zu den Fähren: Eine Suche nach „ferry“ offenbart, dass im Standard Gravel Profil in Zeile 344 das Gewicht für Fähren festgelegt wird. Statt 11 kann ich dort einfach einen Wert wie 10000 einsetzen. Oder halt geringer, je nach dem, wie ich gewichten möchte. Wenn ich danach unten auf „Apply“ klicke, wird das neue Profil hochgeladen und meine Route neu berechnet.

Damit wurden wir dann über die bei Nacht sehr gruselige, aber auch irgendwie coole Eisenbahnbrücke bei Wittenberge geschickt.

Fertig war der Track. Die heruntergeladene GPX Datei (Im Hauptmenü: Export > GPX) nahm ich erst einmal so auf meinem Wahoo und auf meinem Telefon mit. Bei solchen längeren Ausfahrten empfiehlt es sich generell eine App mit Offlinekarten auf dem Smartphone dabei zu haben. Dort lassen sich in der Regel auch Tracks im GPX Format ablegen. Ein Beispiel für eine solche App ist Osmand. Dann ist man nicht völlig aufgeschmissen, sollte sich der Radcomputer verabschieden (spreche wieder aus Erfahrung) oder keine Internetverbindung zur Verfügung stehen.

Nachdem der Holy Gravel beendet war, ging nun es daran, den Track abzufahren.

Holy Gravel Zugabe Tag 1: Hamburg – Wittenberge

(205km, 568HM, 20,6km/h Durchschnittsgeschwindkeit)

Wir hatten alle die ganze Woche frei und der Holy Gravel war ja nun schon am Donnerstag beendet. Wenn man das Gepäck und den Track schon mal dabei hat, kann man auch zurückradeln …

Mit einem frühen Start (wir hatten ja diesmal kein Camp abzubauen, weil wir alle in Hamburg bei Freunden untergekommen waren) folgten wir aus Hamburg heraus auch erstmal den offiziellen Elberadweg. Kurze Zeit später ging es dann den Elbe-Seitenkanal Richtung Lüneburg entlang, wo ich ja bei ca. Kilometer 60 die erste Supermarkt-Pause eingebaut hatte.

Der Tag wurde als einer der heißesten des Jahres vorhergesagt, also wollten wir in der Frühe Kilometer schrubben. Nun ja, es stellte sich heraus, dass es selbst um 9 Uhr morgens schon auf die 30 Grad zu ging und wir uns größtenteils auf exponierten Deichwegen ohne Schatten bewegten. Nach einer kurzen Exkursion in einen der größeren Sandkästen, die wir je gesehen hatten (in Brandenburg sind wir normaler Weise mit Sand verwöhnt), erreichten wir nach Kilometer 60 mit 3 leeren Trinkflaschen Lüneburg und es war allerhöchste Eisenbahn für eine Pause.

In Lüneburg besorgte ich mir dann sogar eine 4. Wasserflasche, die in eine der Stem Bags versenkt wurde. Mit weniger Vorrat hätte ich mich nicht auf das nächste Stück getraut. Ab hier mussten wir alle etwas auf die Zähne beißen. Die Hitze wurde immer schlimmer und die Versorgungslage war dünn. Bis nach der Göhrde mussten wir durchhalten. Der Weg durch diesen schier endlosen Wald war zwar befahrbar, aber nicht unbedingt als “rollender” Gravel zu bezeichnen. Immer wieder schlichen sich sandige Passagen oder huckelige Waldwege ein. Unter normalen Bedingungen absolut okay, aber kombiniert mit der Hitze war das Ganze sehr zermürbend. Hier gab es auch den ersten und einzigen kleinen Sturz eines unserer Mitstreiter, der aber zum Glück glimpflich und ohne große Schäden an Mensch und Material verlief.

Am Ausgang des Waldes wartete zum Glück ein gut sortierter und klimatisierter kleiner „Dorf-Konsum“ auf uns. Die Pause dort belebte uns alle wieder — das merkte man auf den nächsten Kilometern.

Leider holte uns der Plattenteufel der vergangenen Woche erneut ein. Nun ja, wir wollten nicht meckern und waren froh über jede Minute extra Pause in der Mittagshitze.

Es sollte nicht das letzte mal bleiben:

Von nun an war die Versorgung gesichert. Beim Cafe-Stopp in Prisser sollte uns die dritte und vorerst letzte Panne des Tages ereilen. Wieder nicht so schlimm, denn es gab ja Kuchen.

Von hier planten wir die Route spontan etwas um, weil Albrecht von ein paar coolen Artefakten der Widerstandsbewegung um das Zwischen- und Endlager Gorleben berichtete, die wohl durchaus sehenswert sein sollten. Am frühen Abend kehrten wir also zuerst im Nachbardorf des berühmten Gorleben auf einem sehr schönen Gasthof mit Hippie-Vibe ein (es gab Bier + Grillgut in gemütlicher Atmosphäre!) und rollten dann im Sonnenuntergang weiter Richtung Beluga, um uns dort ein wenig zu belesen und Fotos zu schießen.

Pünktlich zum Sonnenuntergang erreichten wir daraufhin noch einen sehr, sehr willkommenen Badestopp am schönen Gartower See.

Zum ersten mal brauchten wir die mitgebrachte Beleuchtung. Wir wollten die kühleren Abendstunden noch ein wenig nutzen, um noch ein paar Kilometer abzuspulen. Ziel war der bis Mitternacht geöffnete McDonald’s in Wittenberge.

Dort angekommen stellten wir uns zwischen den aufgemotzten Karren der Dorfjugend (es war ja schließlich Freitag Abend!) stilecht am Drive-In an. Nachdem wir unser reichhaltiges Mahl verschlungen hatten, wollten wir uns noch ein Absacker-Bier für das Camp organisieren und machten am Nachtschalter der Tanke zum ersten mal wieder mit der Brandenburger “Gastfreundschaft” Bekanntschaft. Sechs Tage freundliches “Moin” und “Danke” und “Bitte” in Schleswig-Holstein hatten uns da wohl etwas entwöhnt. Auf Pöbelei mit Berliner Schnauze waren wir nicht eingestellt. Ein klares Signal: Wir näherten uns der Heimat und damit auch wieder der Realität.

Kurz hinter Wittenberge schlugen wir unser Camp an einem sehr fragwürdigen Wasserwanderrastplatz auf. Es war egal, die Uhr zeigte fast Mitternacht und wir wollten am nächsten Morgen eigentlich wieder früh losrollen — es drohte eine erneute Hitzeschlacht.

Holy Gravel Zugabe Tag 2: Hitzeschlacht nach Berlin

Kurz nach 8 hatten wir unseren Wasserwanderrastplatz verlassen und es war schon mächtig heiß. Auf dem Plan standen ca. 160km bis vor die eigene Haustür in Berlin. Erneut sahen wir eine längere Pause am Nachmittag vor, um nicht bei der allergrößten Hitze radeln zu müssen.

Doch wider erwarten setzten uns schon die ersten Kilometer auf dem Weg nach Havelberg mehr zu als gedacht. Auch nach der ersten Pause wurde es nicht besser. Zu befahren waren nach unserer Route größtenteils etwas fragwürdige Plattenwege in den Elbniederungen (ohne Schatten), die dem einen oder anderen Mitfahrer bei 35 Grad sehr zusetzten. Zitat: “Ich fahr hier keinen Meter mehr!”

Schnell waren wir uns einig, dass schleunigst ein Badestopp her musste. Fündig wurden wir bei ca. Kilometer 71 am Dreetzer See. Obwohl dieser nur auf übelsten Platten- und Sandwegen zu erreichen war (wir waren alle breit bereift und trotzdem am fluchen), trafen wir dort auf eine Truppe leicht bepackter Rennradler die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs war. Auch die waren auf der Suche nach Abkühlung und nahmen den Weg in Kauf. Angesprochen auf die Fahrbarkeit des Untergrundes auf dem teuren 25mm-bereiften Carbon-Material bekam man nur ein Grummeln zurück.

Anders als die Rennradler verbrachten wir fast 3 Stunden der größten Nachmittagshitze dort am See und rollten erst als die sprichwörtlichen Akkus entsprechend aufgefrischt waren weiter.

Wir entschieden uns spontan unsere Gravel-Route zu verlassen und mit Komoot eine Straßen-Route nach Hause zu planen. Auf dem schnellsten Wege, sozusagen. 

Eigentlich keine schlechte Entscheidung aber in Ermangelung von Alternativen schickte uns Komoot leider hinter Friesack in Richtung Nauen auf einige Kilometer stark befahrene Bundesstraße. Wir waren ja total verkehrsentwöhnt, daher war das nochmal extra unangenehm. Bald jedoch sollte sich ein Radweg am Rande der Bundesstraße auftun und spätestens ab Nauen folgte man ohnehin bekannten Schleichwegen u.a. durch das Designer Outlet in die Stadt hinein.

Zu guter Letzt sollten wir uns noch auf eine Abschieds-Pommes im Biergarten am Pichelsberg und dann ein allerletztes Abschieds-Radler vom Späti, einzunehmen hinter dem Brandenburger Tor einigen.

Dort trennten sich unsere Wege und wir rasten in Richtung rettende Dusche. Das Abenteuer war erstmal vorbei!

Fazit zur Route

Bis auf den im Bericht beschriebenen Sandkasten, der sich mit etwas alternativer Konfiguration oder offenen Augen auch umgehen ließe, und einem Stück militärischem Sperrgebiet, was in OpenStreetMap nicht korrekt eingetragen ist (daher: Augen auf im Straßenverkehr, nicht blind dem Navi folgen! Gerade Schilder am Eingang von Waldwegen enthalten oft wichtige Infos.) war die Route gut zu befahren. Bis wir sie auf Grund von Hitze und mangelnder Zeit verlassen mussten. So weit ein gelungener Test!

An vielen Stellen gibt es eben einfach keine „Offroad“ Alternativroute ohne zu großen Umweg, daher mussten wir eben viele Kilometer grenzwertige Plattenwege hinnehmen (Plattenwege sind ja auch Cross!).

Hier ließen sich sicherlich händisch mit Hilfe des CXB Gravel Overlays rot markierte Wald- und Wirtschaftswege als Alternative ausmachen, die auf Kosten eines längeren Weges sowohl schattiger als auch angenehmer zu befahren gewesen wären. Ganz auf Autopilot sollte man wohl mit keinem Routing Tool arbeiten.

Nichtsdestotrotz muss man wohl manchmal doch auf Straße als Alternative ausweichen. Man nehme z.B. die Route aus der Gegend Großderschau oder Rhinow rüber nach Friesack, wo wir auf den beschriebenen Plattenwegen fast einen Bandscheibenvorfall erlitten. Gelb = Beton.

Hier scheint es abseits der Straße einfach keine Alternative zu geben. Es wäre vermutlich schlauer gewesen, unten auf die L17 auszuweichen. Das wiederum hätte uns allerdings den Badestopp am Dreetzer See geraubt.

Routing ist eben ein ständiges Abwägen verschiedener Alternativen, sei es im eigenen Kopf oder via programmatischer Routing-Engine wie beim CXB Routenplaner.

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