Freiheitsversprechen und Regelnotwendigkeit beim Gravelbiking in der Gruppe

Gravelbiking verspricht ein Gefühl von Freiheit und Grenzenlosigkeit: die Offenheit des Geländes, das Adrenalin beim Überwinden von Hindernissen und die ungezwungene Fahrt mit Gleichgesinnten schaffen ein Bild von unbeschränkter Ungebundenheit. Gerne kokettiert man auch mit einem gewissen Anarchismus und möchte sich von den spießigen Kodizes der Rennradjünger abgrenzen. Doch inzwischen ist Gravelbiking längst aus seinen Kinderschuhen herausgewachsen und die Gruppengrößen und erreichten Geschwindigkeiten sind teils erheblich. Unsere schnellste Gruppe fährt Durchschnittsgeschwindigkeiten, die jene vieler Rennradgrupen übertrifft, aber die Untergründe sind viel fordernder. Jedes Jahr finden mehr Menschen den Weg aufs Rad und stoßen bei unseren Gruppenausfahrten dazu. Das ist super. Man muss daher aber auch feststellen: so ganz ohne zwei, drei Regeln geht es nicht, wenn man diesen Leviathan sicher durch Felder und Wiesen steuern will. Damit die Gruppe als Ganzes reibungslos funktioniert, ist etwa die rechtzeitige Warnung vor Hindernissen und die Kommunikation innerhalb der Gruppe nicht nur Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein, sondern auch von Respekt gegenüber den Mitfahrer:innen.

Wir haben daher im Folgenden die zehn wichtigsten Grundregeln, die man beim Gruppenfahren im Gelände beachten sollte, herausgearbeitet. Diese sollen als Leitfaden für unsere Touren dienen und sind dazu gedacht, allen Teilnehmenden eine gute Zeit zu garantieren. Ziel: die richtige Balance zwischen individueller Leidenschaft und kollektivem Erlebnis.

Augen auf im Straßenverkehr

Meist sind einige Asphaltkilometer zu überbrücken, bis man die Räder in Wald und Wiesen rollen lassen kann. Auf diesen Transferstücken gelten selbstverständlich die ganz normalen Verkehrsregeln der StVO und das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme.

1. Besondere Rücksicht gegenüber Kindern und Tieren

Inmitten einer aufregenden Tour ist es unerlässlich, auf Schwächere zu achten, insbesondere auf Kinder und Tiere. Haltet hier immer besonders großen Abstand, reduziert die Geschwindigkeit und rechnet stets mit unvorhersehbaren Bewegungen!

2. Warnungen vor Hindernissen

Einer der wichtigsten Aspekte beim Gravelbiken in der Gruppe ist die rechtzeitige Warnung vor möglichen Gefahren. Dazu gehören Hindernisse wie Poller, Schlaglöcher, Schranken, tief hängende Äste. Gebt durch Handzeichen (Mit dem Finger auf die Seite des Hindernisses zeigen) und/ oder lautes Rufen („Poller“, „Stumpf“, „Kopf“) Warnungen an eure Mitfahrer weiter. Die Zeichensprache dieser Warnungen schlüsseln wir für euch nochmal gesondert in einem Beitrag auf. Wenn Ihr neu seid, mag das erstmal etwas verwirrend aussehen. Wichtig ist anfangs jedoch vor allem, dass Ihr es überhaupt irgendwie macht. Imitiert im Zweifel einfach die Zeichen der anderen!

3. Weitergabe von Zeichen

Reibungslose Kommunikation in der Gruppe ist entscheidend. Alle Zeichen und Informationen sollten innerhalb der Gruppe immer nach hinten weitergegeben werden. Diejenigen, die vorne fahren, sind die Augen und Ohren der gesamten Gruppe. Kommuniziert daher rechtzeitig Richtungsänderungen oder Hindernisse, wenn Ihr vorne fahrt!

4. Windschattenfahrverbot

In unseren Gruppen gilt ein striktes Windschattenfahrverbot. Haltet immer einen ausreichenden Abstand von mindestens einer vollen Fahrradlänge zum vorausfahrenden Rad ein. Auf Asphalt ist Fahren im Windschatten die effizienteste Art der Fortbewegung. Im Gelände gelten jedoch andere Regeln. Hier gibt es anders als auf der Asphalt ständig Überraschungen und Gefahren, daher ist es wichtig, genügend Raum für unerwartete Manöver zu lassen. Windschattenfahren ist nur etwas fürs Rennrad.

5. Vermeidung scharfen Bremsens

Verpasst ihr eine Abzweigung oder müsst ihr plötzlich bremsen, tut dies bitte kontrolliert und sanft. Plötzliches Bremsen kann zu gefährlichen Situationen in der Gruppe führen. Wenn ihr mal eine Abzweigung verpasst haben solltet, überfahrt sie daher bei Bedarf zunächst und kehrt dann zur Gruppe zurück.

6. Halten der Fahrlinie

Die Einhaltung deiner Fahrlinie ist entscheidend, um die Sicherheit in der Gruppe zu gewährleisten. Vermeide unnötiges Schlingern oder abrupte Richtungswechsel, die andere Fahrer:innen gefährden könnten.

7. Überholverbot in der Gruppe

In der Gruppe ist das Überholen anderer Mitglieder unüblich. Eine Ausfahrt ist kein Rennen. Es gibt hier nichts zu gewinnen. Stattdessen sollten alle ihre Position halten und auf angemessenen Abstand achten. Dies trägt dazu bei, Verwirrung, Unruhe in der Gruppe und Unfälle zu vermeiden.

8. Warten auf andere nach Anstiegen und langen Geraden, Vermeidung von Beschleunigungen in Kurven

Nach einem Anstieg oder langen geraden Abschnitten ist es nicht unüblich, dass hier jeder sein Tempo fährt, oder auch mal ein Sprint eingelegt wird. Es ist jedoch essenziell, anschließend auf den Rest der Gruppe zu warten. Dies fördert die Gruppeneinheit und sorgt dafür, dass niemand zurückgelassen wird. Wenn Einzelne erstmal aus dem Blick geraten, bekommt der Rest der Gruppe evtl. Defekte bei diesen nicht mehr mit. Auch können aufwendige Suchaktionen nötig werden, die viel mehr Zeit benötigen, als einfach kurz auf alle zu warten.

Beschleunigt auch nicht in oder direkt nach einer Kurve! Dies kann den sogenannten „Ziehharmonikaeffekt“ verursachen und die Gruppe auseinanderreißen. Denn je weiter hinten Fahrende liegen, umso größer ist die Lücke, die sie nach jeder Kurve wieder aufholen müssen. Bleibt daher in Kurven ruhig und stabil!

9. Melden von Defekten

Wenn du einen Defekt an deinem Fahrrad feststellst, rufe laut „Defekt“. Die Gruppe wird dann warten, bis der Defekt behoben ist. Dies ermöglicht es, dass niemand alleine zurückbleibt. Grundsätzlich sollten jedoch alle ein komplettes Pannenset inkl. mindestens eines passenden Schlauchs mitführen, um sich auch autark helfen zu können.

10. Zusammen losfahren, zusammen ankommen

Die angegebenen Geschwindigkeiten und Schnitte sind verbindlich. Im Zweifelsfall sollte das Tempo der Langsamsten in der Gruppe angepasst werden. Wenn einige Fahrer schneller fahren möchten, sollten sie sich in einer schnelleren Gruppe einsortieren. Am Ende stehen Schnack und Snack danach, gerne auch ein gemeinsames Bier.

Bleibt sicher und viel Spaß auf den Touren!

No responses yet

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert