Bericht Berlinumrundung 2024
Tag 1: Kalter Start und bunte Herbstwälder
Zwei Mountainbiker donnern vorbei, ein Angler schlendert in die entgegengesetzte Richtung. Zander, Barsche? Fehlanzeige. Sein Blick fällt auf meine nackten Füße. Ja, ich hatte eine blöde Idee: ohne Überschuhe bei 5 Grad loszufahren. „Wird schon gehen“, dachte ich. Spoiler: Ging nicht.
Am Treffpunkt in Hohen Neuendorf standen schon Atemwölkchen in der Luft, während immer mehr Radfahrer eintrudelten – mit Bahn, Rad oder Auto. Drei Strecken standen zur Auswahl:
- 180 km am Stück,
- 126 km Gravel am ersten und 100 km am zweiten Tag,
- Ultra CX mit 145 und 121 km, gespickt mit Singletrails.
Eigentlich hatte ich mich für die normale Gravel-Strecke angemeldet. Doch meine Fitness – nach Wochen der Pause und einem kürzlichen Scheitern auf einer 55-km-Tour – überzeugte mich spontan zur Streckenänderung: die kürzeste Variante, 180 km auf zwei Tage verteilt. Easy, oder?








Mit guter Stimmung ging es los, auch dank Jan’s selbstgemachter Müsli-Riegel und Ricecakes (leider hatte ich keinen abgekriegt). Erste Station: die Himmelspagode umrunden, dann raus aus dem Ort. Schon nach kurzer Zeit verlor ich den Anschluss, nicht weiter schlimm, dachte ich. Ich würde die Gruppen schon wieder einholen – wenn auch anders als erwartet.
Die Herbstwälder waren atemberaubend: Gelb, Orange, Rot, gelegentlich ein Hauch Grün. Ein Bilderbuchtag: blauer Himmel, klare Luft, Sonne. Doch meine GPS-Streckenabweichung brachte mich aus der Bahn. Garmin und ich kommunizieren unterschiedlich – die Scheidungspapiere lagen bereit. Ich ignorierte die Warnung – ein Fehler.
Orientierungslos im Alleingang
Letztlich musste ich zugeben: Garmin hatte ausnahmsweise recht. Also schlug ich mich allein durch den Wald, auf gut Glück in die ungefähre Richtung. Plötzlich schossen bunte Trikots von links nach rechts durchs Bild – ich hatte die Gruppe wiedergefunden! Die Freude war groß, doch nicht von Dauer. Die Strecke verlief vorbei am Tegeler See mit herrlichem Blick auf das Wasser. Mein Nebenmann, extra aus dem Ruhrgebiet angereist, erzählte begeistert von seiner Tour.

An der Murellenschlucht wurde es unübersichtlich. Wo war meine Gruppe? Garmin und ich einigten uns selten einmütig, „eigene Wege“ zu gehen – was mir einen fiesen Anstieg ersparte. Am Murellenberg traf ich auf eine Gruppe, die dort Pause machte. Hier erinnern 106 Verkehrsspiegel an die Opfer einer Hinrichtungsstätte der Nationalsozialisten.
Herbstwald und technische Hürden
Ab jetzt verlief die Route östlich der Havel, durch den Grunewald. Ein kurzer Toilettenstopp im Segelverein brachte wärmende Räume – ein Genuss. Doch mein Garmin verabschiedete sich mal wieder, und ich musste aufs Handy wechseln. Mangels Halterung improvisierte ich mit einer Silikonstrippe und fuhr weiter. Herbstwald vom Feinsten begleitete mich bis zum Teltowkanal, wo die Routen wieder zusammenliefen. Zeit für eine Pause, um meine kalten Füße zu bearbeiten.
Mit wiedererweckten Zehen und einem versöhnten Garmin rollte ich weiter, allein. Unterwegs machte ich einen Blitz-Einkauf – Wasser und einen Lippenfettstift. Das Rad blieb glücklicherweise unangetastet, und ich fuhr Richtung Diedersdorfer Heide.
Panzerplatten und Kranich-Rufe
Die Diedersdorfer Heide bot holprige Panzerplatten – laut Tim nicht zu umgehen. Kilometer führten durch Felder und Wiesen. Trotz des nervigen Untergrunds bot die Natur Entschädigung: Kraniche trompeteten aus der Ferne.



















Am Nachmittag erreichte ich das Ziel: Blockhütten, Saunafass und eine heiße Suppe. Nach und nach trafen die anderen ein, manche erst im Dunkeln. Ich war froh über meine kürzere Strecke und konnte entspannt ein Bier genießen. Später heizte Felix die Sauna ein – drei Gänge und ein Sprung in den See machten den Tag perfekt.





Tag 2: Kaltstart und Enduro-EM








Am Morgen war die Stimmung am See fantastisch. Dazu trug auch das üppige Frühstück bei: Felix und Lena hatten Porridge, Eier, Brötchen und jede Menge mehr vorbereitet. Die Temperatur: um die Null Grad. Ich schloss mich einer Gruppe an – allein fahren wollte ich nicht noch mal. Die Strecke war wunderschön, doch nach einer Weile musste ich wieder absteigen und laufen – meine Füße waren erneut taub.

Plötzlich knatterten Enduros durch den Wald – die Enduro-EM fand statt. Meine Strecke führte mich Richtung Strausberg, wo ich die geplante Umrundung abbrechen musste. Arbeit rief. Garmin und ich überlegen jetzt doch, ob wir die Scheidung verschieben.

Fazit
Meine Dreiviertel-Umrundung endete in der S-Bahn. Berlin eben: kaum etwas klappt im ersten Anlauf. Nächstes Jahr will ich den Kreis schließen – und mir unbedingt einen von Jans Ricecakes sichern. Denn eins steht fest: Diese Tour macht einfach Spaß!
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