Die erste quetschbare Titan-Trinkflasche

“Reines Titan hält dein Getränk frei von Schadstoffen und Mikroplastik und garantiert dir unverfälschten plastikfreien Geschmack. Langlebiger und nachhaltiger als jede andere quetschbare Trinkflasche.” So wird die hier vorgestellte Fahrradflasche mit dem unverblümten Produktnamen „Trinkflasche 0,75L“ vom Hersteller Keego auf deren Webseite beworben. Die junge Firma aus Österreich platziert ihre 0,75L fassende und 86g schwere Flasche damit in den Marketingkategorien „Nachhaltigkeit“, „Gesundheit“ und (kulinarische) „Qualität“. Das freundliche, rundliche Design des Flaschenkörpers und die Farbpalette (schwarz, dunkelrot, olivgrün, silber, weiß, blau) passen zu der gesundheitsbewussten Outdoor-Zielgruppe, die man mit diesen Begriffen assoziiert. Sympathisch ist dabei nicht nur der visuelle, sondern auch der haptische Ersteindruck. Die Flasche hat eine angenehme Oberfläche mit organischen, weichen Griffgefühl, liegt sehr gut in der Hand, riecht und schmeckt appetitlich. Man kann sich sehr gut vorstellen, sofort einen großen Schluck kühles, wohlschmeckendes Wasser aus der Flasche aufzunehmen. Der Ersteindruck ist also sehr überzeugend. Sehr viel spannender als der tückische Ersteindruck sind allerdings der zweite Eindruck und Praxiserfahrungen nach längerem Gebrauch.

Features

Die Beschreibung der Flasche von Keego ist dabei etwas missverständlich. Aus Titan besteht nur eine hauchdünne Schicht im Inneren der Flasche. Der Flaschenkörper selbst besteht aus dem Kunststoff Polypropylen, das abschraubbare Mundstück aus einem Kunststoffschraubring mit einem entnehmbaren Einsatz aus Silikon. Diese Materialauswahl wirkt sehr stimmig. Während der Kunststoffkörper Stabilität, geringes Gewicht, günstige Produktionskosten und Flexibilität verspricht, sorgt die Titanbeschichtung für Geschmackneutralität, Schadstoffarmut, Schimmelhemmung und leichte Reinigung und das lebensmittelechte Silikonmundstück für ein sehr angenehmes Trinkgefühl. Dabei lässt sich die Flasche gut eindrücken, um den Inhalt herauszuquetschen. Das überzeugende, selbstabdichtende Mundstück erlaubt aber auch ohne Quetschung die Flüssigkeitsaufnahme in großen Zügen. Das Zusammenspiel aus Formgebung und Materialeigenschaften ist sehr gelungen: es macht wirklich Spaß, die Flasche in die Hand zu nehmen und daraus zu trinken.

Haptik

Beim Radfahren befindet sich eine Flasche aber 95% der Zeit nicht am Mund, sondern im Flaschenhalter am Rahmen und muss dort sicher sitzen. Statt einer Einschnürung des Flaschenkörpers im Halsbereich – wie es bei Fahrradflaschen üblich ist, um den zuverlässigen Sitz in Standard-Flaschenhaltern zu gewährleisten – besitzt die Flasche mehrere umlaufende leichte Rillen im Schulterbereich. Auf der Höhe der Rillen ist die Flasche außerdem nicht ganz zylindrisch, sondern an vier Seiten leicht abgeflacht und deutet damit im Bereich der Rillen eine (abgerundete) Würfelform an, die sich gut greifen lässt. Der Flaschenkörper ist gleichzeitig leicht konisch geformt und besitzt den größten Durchmesser oberhalb der Rillen, wodurch sich bei voller Flasche eine leichte Kopflastigkeit ergibt. Die Rillen, der Durchmesser und die abgeflachten Seiten sind ein deutlicher Hinweis, dass der Fokus des Designs der Flasche der Griff mit der Hand und nicht der Sitz im Flaschenhalter war. Im Praxistest (1000 km Wald, Wiese, Schotter und Strasse im Frühjahr 2024) ist die Flasche allerdings nie aus den Flaschenhaltern herausgefallen. Bei schnellen Gravelrennen oder kompetitiven Long Distance Events, wo der Verlust der (kohlenhydrathaltigen) Trinkvorräte zu einem DNF (did not finish) führen kann, hätte ich hier trotzdem kein gutes Bauchgefühl.

Dauerhaltbarkeit und Geschmackstest

Im Testzeitraum wurden 20 Flaschenfüllungen Maltodextrin-Rohrzucker-Gemisch konsumiert. Eine Geschmacksannahme konnte nicht festgestellt werden. Gereinigt wurde die Flasche dabei durch einfache Wasserspülung, der Reinigungsempfehlung von Keego folgend. Die Titanbeschichtung ist mechanisch empfindlich, weswegen man die Flaschen nicht mit Bürsten oder Tüchern reinigen sollte. Gleichzeitig ist Titan chemisch sehr reaktionsarm, eine mechanische Reinigung ist daher auch gar nicht nötig. Die Titanbeschichtung bewährt sich damit auch nach längerem Gebrauch und stellt ein Schlüsselelement der Keego-Flaschen dar. Der Geschmack ist immernoch frisch und von einer unbenutzten Flasche nicht zu unterscheiden. Gleichzeitig ist die Kunststoffaussenhaut, auf der das Titan aufgebracht ist, recht kratzresistent – gerade im matschigen und sandigen Gravel- und Offroad-Einsatz wichtig. Um die Lebensdauer der Flasche zu erhöhen, kann man sie – wie alle Kunststoffflaschen – zusätzlich an den Stellen, an denen der Flaschenhalter scheuert, mit Gewebeklebeband ummanteln. Die offenbar – bei richtiger Reinigung – sehr langlebige Titanbeschichtung verspricht, dass sich lebensverlängernde Maßnahmen der Außenhaut lohnen.

Zubehör

An Zubehör zur Flasche bietet Keego ein breiteres Mundstück für mehr Flüssigkeitsdurchfluss an (Extra Flow Nozzle, €3,90) – Empfehlung! – und eine Staubschutzkappe (Easy Clean Dust Cap, €5,90). Obwohl die Kappe gut konstruiert ist, habe ich sie schnell wieder abmontiert, da sie den spontanen, schnellen Schluck aus der Flasche während der Fahrt logischerweise verhindert. Für gemütlichere Ausflugsfahrten und empfindlichere Münder kann sie sich aber lohnen. Außerdem bieten Keego eine Auslaufschutzkappe (Extra Flow Cap, €5,90) an, beispielsweise für den auslaufsicheren Transport im Rucksack, die aber nicht getestet wurde. Ebenfalls erhältlich ist eine 0,5L fassende Version (Trinkflasche 0,5L, €34,90) und eine 0,6L fassende Flasche mit fest eingebautem magnet-mechanischem Fidlock-Adapter (Fahrradflasche TWIST x KEEGO, €49,99 bzw. €59,99 mit Fidlock Flaschenhalteradapter). Ein magnet-mechanischer Fidlock-Flaschenhalter ist auch als optionaler Nachrüst-Adapter für die einfachen Keego-Flaschen erhältlich (Flaschenhalter Fidlock Twist, €39,99). Diese Adapter versprechen einen sicheren Halt der Flasche auch in ruppigem Gelände, müssen aber als (proprietäres) Zubehör zugekauft werden.

Fazit

Die Keego-Standard-Flaschen (0,75 L) kosten €39,90. Die innovative Konstruktion, die tolle Haptik und das durchdachte Design rechtfertigen diesen Preis, vor allem in Anbetracht der sich abzeichnenden langen Haltbarkeit. Die Flaschen werden dabei laut Keego außerdem in Deutschland gefertigt – was kurze Lieferwege und faire Arbeitsbedingungen verspricht. Die Hauptzielgruppe sind dabei wohl gesundheitsbewusste und nachhaltigkeitsorientierte Freizeitsportler:innen oder ambitionierte Radsportler:innen, die eine komfortable Trainingsflasche suchen. Für den sportlich-kompetitiven Einsatz ist die Flasche meiner Einschätzung nach noch zu sehr auf das Trinkerlebnis ausgelegt und zu wenig auf Sitz im Rahmen, der hier entscheidendes Kriterium ist. Eine mögliche künftige Erweiterung der Produktpalette von Keego könnte daher ein radikal performanceorientiertes Modell darstellen. Ein solches könnte einen stärkeren Fokus auf die Transportposition am Rahmen legen, anstatt der Lage in der Hand und Berührung mit den Lippen. Einerseits könnte durch eine eingetiefte Halsrille der Sitz in Standard-Flaschenhaltern verbessert werden, gleichzeitig könnte eine solche Flasche eine aerodynamisch vorteilhaftere Form aufweisen als die zylindrischen Flaschen der aktuellen Generation. Ein Performance-Modell könnte auch standardmäßig mit dem breiteren Mundstück angeboten werden und durch eine dünnere oder flexiblere Außenhaut noch mehr Quetschung erlauben und damit die Flüssigkeitsaufnahme maximieren. Auch könnte eine 1L-Variante der Standard-Flasche Abnehmer:innen finden, vor allem im Freizeit- und Reise-Kontext. Beibehalten werden sollten aber auf jeden Fall die Materialien, allen voran das Silikon-Mundstück und die Titan-Beschichtung im Inneren. Beides stellt die größte Stärke der Keego-Flaschen dar und wäre für mich nach Test der Flaschen der Kaufgrund.

Verdikt: Die Keego-Trinkflaschen vereinen einige der Vorteile von Metallflaschen (Hygiene, Geschmack, Haltbarkeit) mit denen aus Kunststoff (Gewicht, Quetschbarkeit) in einem innovativen Design mit guten Detaillösungen (Haptik, Mundstück). Der hohe Anschaffungspreis relativiert sich bei guter Pflege etwas durch eine längere Gebrauchsdauer. Ihre größte Stärke spielen die Flaschen im Alltags- und Freizeitbereich aus, bei längeren Radreisen bzw. Bikepacking, wo einfache Reinigung und Hygiene wichtig sind, und als Trainings-Flaschen, um ein kunststoffreduziertes, langlebiges Modell zu haben, dass sich auch bei sehr häufigem Gebrauch mit Getränkezusätzen schnell reinigen und trocknen lässt. Für den kompetitiven Einsatz würde ich allerdings noch abwarten, ob es künftig weitere Modelle gibt und bis dahin auf geschmacklich und haptisch mittelmäßige, aber günstigere, sehr zuverlässig sitzende bzw. aerodynamischer geformte Radsportflaschen zurückgreifen. Für den nicht-kompetitiven Gebrauch ist die Flasche aber wirklich zu empfehlen und nicht zuletzt geschmacklich wirklich ein Genuss.

Negativ

-wenig aerodynamische Zylinderform

-(proprietäres) Zubehör t.w. teuer

Neutral

-angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis

-Fokus auf Trinkerlebnis statt Rahmensitz

-je nach Flaschenhaltern etwas unsicherer Sitz (für rabiaten Offroad-Gebrauch)

Positiv

-Silikon-Mundstück (Trinkgefühl, Durchfluss)

-Titan-Beschichtung (Geschmack, Reinigbarkeit, Hygiene)

-Griffgefühl der Außenhaut

-Langlebigkeit (bei richtiger Reinigung)

-Produktion in Deutschland

Transparenzhinweis

Die vorgestellten Trinkflaschen wurden kostenlos von Keego zur Verfügung gestellt. Nachgewiesenermaßen hat dies einen Einfluss auf die Beurteilung von Produkten. Wie groß dieser im Einzelfall ist, hängt von der persönlichen Contenance der Tester:innen ab. Es handelt sich um einen unbezahlten Post.

2 Responses

  1. Ich ergänze mal.

    Nutze die Flaschen schon deutlich länger und habe sie selbst erworben.

    Mein Anspruch war das die Flaschen zwingend nicht gammeln dürfen wie es die meisten anderen tun. Dies ist für mich persönlich aus gesundheitlichen Gründen wichtig. Weiter nutze ich deshalb auch die Staubsitzkappe damit der Entnahmenippel sauber bleibt.

    Dieser sitzt in der Regel auch ganz gut, nur wenn es wild holpert popt er mal runter.

    In der Regel reicht ausspülen mit Wasser, ab und an ist aber doch ein Film auf der Innenwand. Weiter sollte man ab und an mal mit der Fingerkuppe unter dem Schraubrand Entlangfahren, da sammeln sich auch die Reste des Isopulvers. Bekommt man aber leicht sauber.

    Bei knapp 6000 km Nutzung sind mir die Flaschen noch nie aus dem Halter gefallen, durch die weichere Hülle sitzen sie eigentlich Recht gut im Halter.

    • Ja guter Punkt, danke für Dein Feedback. Auch der Rest des Teams hatte bislang keine Probleme mit herausfallenden Flaschen. Eine tiefere Griffmulde wäre dennoch schön, könnte produktionspraktisch aber schwer umzusetzen sein für den Hersteller, da die Produktion und Beschichtung aufwendiger ist als bei einfachen Flaschen.

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